Lucy´s Gallery – Ein interdisziplinäres Projekt zwischen Kunst und IT

Lucy´s Gallery – Ein interdisziplinäres Projekt zwischen Kunst und IT

Jens-Peter Knemeyer, Nicole Marmé

Pädagogische Hochschule Heidelberg, INF 561, 69120 Heidelberg

knemeyer@didaktik-aktuell.de, marme@didaktik-aktuell.de

eingereicht: x.1.2020, veröffentlicht x.x.2020 (peer-reviewed

Zusammenfassung

Es gibt gute Gründe die klassischen MINT-Fächer mit Kunst zu verbinden, wodurch in den USA im letzten Jahrzehnt die STEAM-Bewegung (Science, Technology, Engenieering, Arts and Math) entstanden ist. Mit Lucy´s Gallery wird ein Projekt vorgestellt, in dem IT/Informatik-Inhalte mit der Erstellung von Kunstwerken verbunden werden. Lucy´s Gallery ist eine online-Galerie auf der Lehr/Lern-Plattform Lucycity und ermöglicht es dem Schülerinnen und Schülern ihre Kunstwerke öffentlich zu präsentieren. In diesem Beitrag werden zwei Möglichkeiten IT zur Erstellung von Kunstwerken zu nutzen.  Zum einen kann die blockbasierte Programmiersprache Snap! verwendet werden, um über einen selbst erstellten Algorithmus Bilder zu erzeugen, oder vorhandene Bilder zu verändern. Zum anderen können eine frei verfügbare APPs verwendet werden, die basierend auf Künstlicher Intelligenz Kunstwerke erzeugen. Es werden Projektideenvorgestellt mit denen die Schülerinnen und Schüler ihre Kreativität frei entfalten und mit IT verknüpfen können. Abschließend können die entstandenen Kunstwerke beispielsweise via Social Media auf der Lucy´s Gallery Webseite präsentiert werden.

Abstract

Over the last decade good reasons to combine the classic STEM subjects with art resulted in the STEAM movement (Science, Technology, Engineering, Arts and Math) in the USA. Lucy’s Gallery is a project that combines IT-content with the creation of artworks. Lucy´s Gallery is an online gallery on the teaching/learning platform Lucycity and enables the students to present their works of art to the public. In this article, two approaches using IT to create works of art are presented. On the one hand, the block-based programming language Snap! can be appley to generate images or to modify existing images using a self-created algorithm. On the other hand, a freely available APP can be used that creates paintings based on artificial intelligence. In General, project ideas are presented that enable students to develop their creativity and link it with IT skills. Finally, the resulting works of art created can be presented, for example, via social media on the Lucy’s Gallery website.

Einleitung

Über das letzte Jahrzehnt ist die Erkenntnis gereift, dass eine gute MINT-Ausbildung (engl. STEM – science, technology, engeneering and math) zwar wichtig, aber nicht ausreichend ist, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern und eine starke Wirtschaft zu sichern. Schon das „Framework for 21st Century Learning“ stellt fest, dass Kompetenzen wie Teamfähigkeit und insbesondere Kreativität von herausragender Bedeutung sind (P21 Framework Definitions, 2009). Davon ausgehend, dass besonders die Fachrichtung der Kunst zur Förderung der Kreativität beiträgt, wurde vorgeschlagen, die STEM-Ausbildung durch den Bereich Kunst zu erweitern (Maeda, 2012). STEAM (science, technology, engeneering, arts, and math) hat sich in der Folge besonders in den USA weit verbreitet und wird mittlerweile auch erfolgreich an Universitäten verwendet (Ghanbari, 2015). Ein wesentliches Kennzeichen von STEAM ist starke Interdisziplinarität bzw. Transdiziplinarität, die so weit geht, dass die Lernenden das bearbeitete Projekt keiner Disziplin zuordnen können, was zur Folge hat, dass sie ihre Arbeiten auch auf andere Problemstellungen übertragen können (Liao, 2016).

Neben der Ausbildung wichtiger Schlüssel­kompetenzen bietet die Verbindung von MINT mit Kunst eine gute Möglichkeit auch weniger MINT-affine SchülerInnen für MINT zu begeistern, oder ihnen zumindest einen Anlass zu geben sich mit entsprechenden Bereichen zu beschäftigen. Außerdem handelt es sich bei Kunst um ein eher weiblich besetztes Thema, während die MINT-Fächer, insbesondere Physik, Informatik und Technik stark männlich besetzt sind (Holstermann & Bögeholz, 2007; Schreiner & Sjøberg, 2004), so dass schon in der Schule ein starkes Ungleichgewicht zwischen Schülerinnen und Schülern bezüglich Interesse und folglich in der entsprechenden Fächer-, Studien- und Ausbildungswahl herrscht. Weiterhin ist in MINT-Projekten zu beobachten, dass Jungen sehr dominant auftreten, da es vermeintlich ihre Themen sind, wohingegen sich die Mädchen trotz gleicher Fähigkeiten eher zurückhalten und somit letztendlich oft abgehängt werden. Durch die Verbindung mit Kunst soll bei den Mädchen nicht nur das Interesse geweckt werden, sondern es soll auch ein thematisches Umfeld geschaffen werden, in dem sie sich von Anfang an selbstbewusster einbringen. Außerdem trägt die Verbindung mit augenscheinlich nicht naheliegenden Themen dazu bei, die große Spannbereite des MINT-Einflusses zu zeigen.

Hatte MINT ursprünglich einen starken Fokus auf die klassischen Disziplinen Mathematik, Physik, Chemie und Biologie, wird die Informatik in allen genannten Bereichen immer wichtiger und muss hier zunehmend mitgedacht werden (Jona et al., 2014). Dementsprechend schlägt Psychris ein umfassendes Modell „Computational STEAM Pedagogy (CSP)“ vor (Psycharis, 2018).

Obwohl im Projekt Lucy´s Gallery langfristig eine Kombination mit allen MINT-Bereichen denkbar, wünschenswert und geplant ist, wird sich zunächst auf den IT-Bereich fokussiert. Hier sind innovative Ansätze von größter Wichtigkeit, nicht nur da in vielen Schulen gerade erst mit dem Informatik-Unterricht begonnen wird und es noch an Materialien und Projekten fehlt und die Diskrepanz zwischen Mädchen und Jungen im Informatik-Bereich am größten ist, sondern da das Thema IT/Informatik-Ausbildung für die Zukunft von entscheidender Bedeutung ist. Dies gilt nicht nur für die Gesellschaft allgemein besonders für die wirtschaftliche Bedeutung, sondern auch für jeden einzelnen Schüler, da IT/Informatik-Grundkenntnisse, unabhängig vom späteren Beruf, wichtig sind, um auch am sozialen Leben teilhaben zu können.

Ein weiterer positiver Nebeneffekt der anfänglichen Fokussierung auf IT liegt darin begründet, dass für die vorgestellten Projekte keine besonderen Materialien benötigt werden, so dass sie problemlos (ggf. mit entsprechenden Fortbildungen) flächen­deckend verbreitet werden können.

Mit Lucy´s Gallery ist eine Plattform entstanden, die einerseits den Hintergrund für entsprechende Projekte und (fachliche) Hintergrundinformationen bereitstellt, anderer­­seits bietet sie den SchülerInnen eine Möglichkeit, ihre Werke einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen und entsprechend Feedback zu erhalten. Lusy´s Gallery ist Teil der virtuellen Lernumgebung Lucycity.

Lucycity – eine virtuelle Lernumgebung für MINT-Projekte

Die virtuelle Lernumgebung (www.lucycity.de) ist eine Zusammenfassung verschiedener fiktiven Firmen und Einrichtungen, die als Hintergrund für unterschiedliche  Projekte dienen (Marmé, Kneißel, & Knemeyer, 2011; Marmé & Knemeyer, 2011). Jede Einrichtung/Firma hat dabei einen eigenen Internetauftritt, der den Lernenden Informationen bereitstellt, die Authentizität des Projektes erhöht und/oder eine Möglichkeit zur Publikation der Ergebnisse liefert. Beispiele hierfür sind die Kosmetik-Firma Marmétics (Seeberg, Jannack, Knemeyer, & Marmé, 2011) oder die Nano Oxide Research Assiciation (www.nora.lucycity.de), die den Hintergrund für ein Projekt zur Nanotechnologie bietet (Marmé & Knemeyer, 2018).

Lucycity ist aber nicht nur eine Internetplattform, sondern vielmehr ein Lehr-/Lernkonzept, das sich stark auf das eigenständige Arbeiten und die Vermittlung wichtiger Schlüssel- und Zukunftskompetenzen und selbstorganisierter Teamarbeit konzentriert. Diese Methode bezeichnen wir als TOP (Teamorganisierte Problemlösen), wobei es sich im Wesentlichen um ein auf die Schule angepasste Form des PBL (Problem-based Learnig) in Kombination mit einer effizienten Gruppenstruktur (Abteilung mit Abteilungsleiter) handelt (Knemeyer, Keller, & Marmé, 2010). Diese Arbeitsform hat sich besonders bei der Organisation von Schulklassen bei der längeren Bearbeitung komplexerer Probleme bewährt. Für das nachfolgend vor­gestellte Projekt „Lucy´s Gallery“ ist diese nicht nötig, da die Lernenden hier alleine oder in Zweiergruppen arbeiten. Ein weiteres Merkmal der meisten Lucycity-Projekte ist ein hohes Maß an Interdisziplinarität, so verbindet beispielsweise das Projekt „Electronic Design“ die Fächer Physik und Kunst (Knemeyer, Hörner, & Marmé, 2015). Das hier vorgestellte Projekt ist ebenfalls in interdisziplinär angelegt, wobei Kunst und Informatik miteinander verknüpft werden. Jedes Lucycity-Projekt beginnt mit der Vergabe eines Auftrages durch eine Firma oder Einrichtung. Dieser wird dann möglichst selbstgesteuert bearbeitet, wobei die Informationen auf den entsprechenden Internet­seiten genutzt werden können. Abschließend kommt es in unterschiedlicher Form zur Präsentation der Ergebnisse, beispielsweise im Rahmen eines Vortrages, Posters, Textes oder einer Ausstellung. Oft besteht auch die Möglichkeit, die Ergebnisse online für ein breites Publikum sichtbar zu machen.

Das Projekt Lucy´s Gallery

Die Online-Gallery[1] (Abb.1) ist öffentlich und dauerhaft kostenfrei zugänglich. Die Webseite ist in mehrere Bereiche unterteilt. Zum einen können die SchülerInnen dort ihre Kunstwerke ausstellen, dies geschieht auf der Startseite und unter der Rubrik Ausstellungen. Zum anderen gibt es fachliche Hilfestellungen, beispielsweise zur blockbasierten Programmiersprache Snap! und Beispiele, wie sie für die Erstellung von Kunstwerken genutzt werden kann oder es sind nützliche Links zu finden, z.B. zur Verwendung von Künstlicher Intelligenz bei der Erstellung von Bildern. Außerdem gibt es einen Bereich „Ausschreibungen und Preise“, wo aktuelle online-Ausstellungen angekündigt werden. Bei einigen werden die besten Werke mit einem Preis ausgezeichnet. Die Veröffentlichung der Kunstwerke kann auf zwei verschiedenen Wegen erfolgen. Am einfachsten und schnellsten ist dies möglich, indem das Kunstwerk mit einem entsprechenden Hashtag versehen via Instagram oder twitter gepostet wird. Es ist in einigen Fällen aber auch möglich die Werke per E-Mail einzusenden. Gelangen die Bilder über den Hashtag auf der Startseite, verbleiben sie dort solange, bis sie von anderen „verdrängt“ werden. Besonders gute Werke werden aber in die dauerhaften Ausstellungen übernommen. Obwohl jeder mit dem entsprechenden Hashtag die Möglichkeit hat, sein Kunstwerk – unabhängig von der Entstehungs­geschichte – auf die Startseite zu bringen, sollte die Erstellung der Kunstwerke in größere Unterricht­seinheiten (oder Projekte) integriert werden, so dass im Unterricht bestimmte Kompetenzen trainiert und auch Fachwissen vermittelt werden kann. Hierzu gibt es zu verschiedenen Themen spezielle Ausschreibungen und Preise, die durch die Lehrkraft ggf. noch auf die eigenen Bedürfnisse angepasst werden können. Die für die Ausschreibung benötigten Hintergrund­infor­mationen befinden sich ebenfalls auf der Webseite, bzw. sind dort verlinkt. Oft gibt es noch zusätzliche Lehrmaterialien, die über die Arbeitsgruppe didaktik-aktuell (www.didaktik-aktuell.de) Lehrkräften kostenfrei zu Verfügung gestellt werden.

In diesem Artikel sollen exemplarisch zwei konkrete Aufträge vorgestellt werde. Weitere sind in Vorbereitung und können bei Interesse auch in Zusammenarbeit mit LehrerInnen, Hochschulen oder anderen Einrichtungen bereitgestellt werden. Für den ersten Auftrag wird die Programmier­sprache Snap! benötigt, zu der den SchülerInnen auf der Webseite von Lucy´s Gallery ebenfalls Informationen und Übungen zur Verfügung gestellt werden.

[1] www.lucysgallery.lucycity.de

Die blockbasierte Progammierumgebung Snap!

Snap! ist eine Weiterentwicklung der block­basierten Programmiersprache Scratch, die speziell dafür entwickelt wurde, Jugendliche für Programmierung zu begeistern und sie in ihrer Lebenswelt abzuholen (Maloney et al., 2004). Die grundlegenden Vorteile von blockbasierten Programmierumgebungen sind bei Snap! erhalten geblieben, da das optische Grundgerüst nur wenig verändert wurde. Generell eignen sich blockbasierte Programmiersprachen in idealer Weise zum Einstieg in die Programmierung in fast jeder Altersstufe (Klasse 5 bis Studium und Erwachsenen-Bildung) (D. D. Garcia, Harvey, & Segars, 2012; Harvey & Mönig, 2010). Unter anderem bieten sie den großen Vorteil, dass keine Syntax erlernt und eingehalten werden muss, so dass sich die Lernenden ganz auf die logischen Zusammenhänge konzentrieren können. Auch die Lehrerkräfte sind so in der Lage, Fehler im Programm schnell zu finden und können sich schnell in den Programmstrukturen der SchülerInnen zurechtfinden, so dass sie zielgerichtete Hilfe­stellungen geben können, auch wenn die SchülerInnen unterschiedliche (ggf. selbstgewählte) Fragestellungen bearbeiten. Wie die meisten blockbasierte Sprachen ist Snap! sehr übersichtlich und intuitiv bedienbar. Beispielsweise sind die verfügbaren Befehle nach Bereichen farblich sortiert und können über ein Menü aufgerufen werden, so dass nicht alle Befehle auswendig gelernt werden müssen. Im Gegensatz zu vielen sehr einfach gehaltenen Umgebungen wie Scratch bietet Snap!, unter anderem durch die Möglichkeit eigene Blöcke zu entwerfen, die Möglichkeit auch kompliziertere und leistungsfähigere Programme zu erstellen, so dass es sich selbst für die Anfänge im Studium eignet. Ein entsprechender sehr erfolgreicher, frei verfügbarer online-Kurs ist „Beauty and Joy o Computing (D. Garcia, Harvey, & Barnes, 2015).  Insgesamt führen blockbasierte Programmiersprachen zu schnellen Erfolgs­erlebnissen (auch bei den LehrerInnen) und er­möglichen ein hohes Maß an selbstständigem Lernen und Arbeiten.

Für Kunstprojekte eignet sich Snap! in besonderer Weise, da seit 2019? ( ab Vesion xx) entsprechende Tools (Befehlsblöcke) zur Verfügung stehen, die es nicht nur erlauben mathematisch generierte Formen zu zeichnen, sondern auch Bilder und Videos zu bearbeiten. So können beispielsweise an jeder Stelle (Pixel) eines Bildes die Farbe, Helligkeit und Transparenz ausgelesen und durch mathe­matische Operationen und entsprechendem Programmcode verändert werden.

Auftrag „Kunst durch Coding“ // Snap!&Art Award

Lucy´s Gallery vergibt an die Schülerinnen und Schüler einen Auftrag, bzw. verbreitet Aufrufe, sich an bestimmten Ausstellungen zu beteiligen. Beim Auftrag „Kunst durch Coding“ handelt es sich genau genommen um mehrere unterschiedliche Aufträge, die sich zwar bezüglich des Themas unterscheiden (bislang „Ägypten“, „Natur“ uns „Stephen Hawking“), allerdings alle auf der Verwendung der Programmierumgebung Snap! basieren, weshalb sie alle auch zur Teilnahme am Snap!&Art Award berechtigen. Im Beispiel „Natur“ erhalten die SchülerInnen konkret den Auftrag mit der Programmierumgebung Snap! ein Kunstwerk zu erstellen, dass in irgendeiner Weise die Gebiete „Natur, Naturschutz, Biodiveristät, usw.“ thematisiert. Das Kunstwerk kann dabei entweder komplett durch den Programmcode generiert werden, oder es wird ein eigenes Bild/Foto durch die Programmierung künstlerisch verändert.

Die Lehrkräfte können den Auftrag unverändert übernehmen oder insbesondere Zeiten und Internetadresse anpassen. Dies ist besonders für den Schulunterricht vorteilhaft, da das Projekt meistens zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen sein soll und ggf. Noten gemacht werden müssen, so dass es sinnvoll ist, wenn die Werke direkt (auch) an die Lehrkraft geschickt werden. Die SchülerInnen werden aufgefordert ein Kunstwerk zu erstellen und einzureichen, wobei neben Titel, Name und Beschreibung auch der verwendete Snap!-Code dargelegt werden muss. Hierdurch erhält der Lehrer eine Kontrolle, womit sich die SchülerInnen beschäftigt haben, das ist umso wichtiger da ansonsten sehr frei und selbstgesteuert gearbeitet wird und das Kunstwerk allein oft nicht als Leistungsnachweis herangezogen werden kann. Sehr schöne Werke können durch sehr einfachen oder im Internet erhältlichen oder vom Nachbarn kopierten Code erzeugt worden sein, wohingegen zunächst weniger ansprechende Werke (was zudem sehr subjektiv ist) auf sehr anspruchsvollem Code basieren können.  Auf der Internetseite finden die SchülerInnen unter dem Reiter Snap! einige Beispiele, wie Snap! zur Erstellung von Kunstwerken verwendet werden kann. Dieser Bereich wird momentan aktualisiert und zukünftig noch erweitert. Zusätzlich können die Lehrkräfte über didaktik-aktuell Unterrichts­materialien, beispielsweise Arbeitsblätter erhalten mit denen eine generelle Einführung in Snap! möglich ist, inklusive und mit besonderem Augenmerk auf die für die Erstellung von Kunstwerken relevanten Befehlsblöcke.

Abbildung3

Auftrag „KI & Kunst“ // KI-Kreativ-Preis

Im Gegensatz zu oben beschriebenen Aufträgen steht hier nicht die klassische Programmierung, sondern die Beschäftigung mit dem Themenfeld „Künstliche Intelligenz“ im Mittelpunkt.

Konkret lautet der Auftrag: „Liebe Kreative, Lucy´s Gallery steht für einzigartige Kunst. In unserer nächsten Ausstellung möchten wir durch Künstliche Intelligenz erstellte oder veränderte Kunstwerke präsentieren. Falls Sie Fotos oder Abbildungen verwenden, sollten diese selbst gemacht sein (Urheberrecht). Für die Online-Ausstellung posten Sie bitte Ihre Kunstwerke unter #kikunst (instagram, twitter) oder senden Sie Ihre Kunstwerke bis zum 15. Januar 2020 per E-Mail an: kunstwerke@ lucysgallery.lucycity.de. Außerdem haben Sie die Möglichkeit, Ihre Kunstwerke bei unserer Sommer-Vernissage am 18. Juli 2020 in der Alten Aula der PH Heidelberg, einem interessierten Publikum vorzustellen. Hierfür sollten Sie Ihrem Kunstwerk einen Titel geben, sowie Vorname, Alter oder Klasse, einen kleinen Text (max. 100 Worte) und eine Kurzbeschreibung der „Entstehungsgeschichte“ (verwendete Programme usw.) einreichen. Die besten Kunstwerke werden mit dem KI-Kreativ-Preis 2020 ausgezeichnet.

Es gibt zwar auch Möglichkeiten einfache Beispiele für KI schon in der Schule zu programmieren (Jatzlau, Seegerer, Michaeli, & Romeike, 2019), allerdings sollen die SchülerInnen in dem hier vorgestellten Projekt eher KI verwenden, um ihre Kunstwerke zu erstellen. Für die Erstellung verschiedenster Kunstwerke mittels KI finden sich im Internet eine Vielzahl frei verfügbare Programme, von den hier zwei geeignete Möglichkeiten vorgestellt werden. Mit dem Programm Deepart (www.deepart.io) können beliebige Abbildung/Foto hochgeladen werden. Anschließend können verschieden Einstellungen vorgenommen werden, aus denen dann durch Künstliche Intelligenz ein neues Bild erzeugt wird.

Abbildung 4: Auszug der Internetseite www.deepart.io (links) mit hochgeladener Abbildung[1] und von der zugrundeliegenden KI erstelltes Ergebnis (rechts)

Die zweite Anwendung, GauGan von NVIDIA (http://nvidia-research-mingyuliu.com/gaugan/) ermöglicht es, aus groben Zeichnungen ein komplett neues fotorealistisches Bild zu generieren. Es muss lediglich angegeben werden, wo welche Objekte angeordnet werden sollen und in welchem Stil das Bild erzeugt werden soll. Der Name GauGAN leitet sich vom postimpressionistischen Künstler Paul Gauguin ab.

Abbildung 5: Internetseite (http://nvidia-research-mingyuliu.com/gaugan/) mit Beispielzeichnung

Der Softwarenutzer kann mit verschiedenen Werkzeugen grobe Skizzen von Landschaften mit Flüssen, Bergen, Meer, Stränden, Pflanzen, Gebäuden, Wolken und vielem mehr erststellen. Anschließend können verschiedene Filter, beispielsweise „Sonnenuntergang“, ausgewählt werden. Diese Informationen werden dann über einen auf KI basierendem leistungsstarkem Algorithmus in ein fotorealistisches Bild transferiert (Park, Liu, Wang, & Zhu, 2019)

[1] Snap! Maskottchen „Alonzo“

Diskussion und Ausblick

Lucy´s Gallery ist eine einfache Möglichkeit Schülerinnen und Schülern motivierende Aufträge zu geben, die sie nicht nur für sich und die Lehrkraft bearbeiten, sondern sie bekommen die Möglichkeit, ihre Ergebnisse öffentlich auszustellen, so dass sie von Freunden, Eltern und auch anderen Menschen wahrgenommen werden. Außerdem haben sie bei einigen Projekten die Möglichkeit einen (schulübergreifenden) Preis zu gewinnen. Das Projekt Snap!&Art bietet einen interessanten Einstieg in die Programmierung. Schon mit sehr leichten Programmen sind erstaunliche Ergebnisse zu erzielen. Es liegt an der Lehrkraft den Auftrag ggf. so zu verändern, dass bestimmte Lerninhalte bearbeitet werden müssen. So kann beispielsweise vorgegeben werden, dass der Programmcode mindestens zwei Variablen, eine if-Anweisung und eine for-Schleife enthalten muss, so dass bestimmte Programmierkenntnisse notwendig werden, um den Auftrag erfolgreich bearbeiten zu können.

Dagegen werden für die Bearbeitung des zweiten Auftrags zu Thema „Künstliche Intelligenz“ im Prinzip keinerlei IT-Kenntnisse benötigt, da nur selbsterklärende Apps angewendet werden müssen. Hier wird durch den Auftrag lediglich exemplarisch gezeigt, wozu Künstliche Intelligenz eingesetzt werden kann und die Lernenden können ihrer Kreativität freien Lauf lassen, wobei sie sehr schnell und in der Regel mit viel Spaß ein eigenes Produkt erstellen. Die Lerninhalte können durch die Einbettung in eine größere Unterrichteinheit zum Thema KI festgelegt werden. Zum Beispiel eignet sich für einen spielerischen Einstieg, insbesondere wenn kein ausgeprägtes Vorwissen vorhanden ist, die an der Universität Erlangen entwickelten Materialien „AI-Unplugged“, um eine Vorstellung zu bekommen, wie verschiedene Formen der Künstlichen Intelligenz funktionieren (Lindner, Seegerer, & Romeike, 2019).[1] Dieser „Lucy´s Gallery-Auftrag“ kann aber auch verwendet werden, um in komplexeren Unterrichtseinheiten für eine Auflockerung zu sorgen, da er von älteren Lernenden schon in 15 Minuten gut zu bearbeiten ist. Für SchülerInnen der Sekundarstufe I sollte mindestenseine Stunde eingeplant werden.

Generell können Lehrkräfte Lucy´s Gallery frei nutzen und Aufträge speziell für ihre Bedürfnisse formulieren. Auf Anfrage können Blanko-Briefpapier (Text-Dokument) zur Verfügung gestellt und ggf. eine Ausstellung mit einem entsprechenden Thema inklusive dazugehöriger Social-Media-Wall eingerichtet werden.

[1] Die Materialien und Anleitungen sind online zu finden unter: https://ddi.cs.fau.de/schule/ai-unplugged/

Danksagung

Dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landes Baden-Württemberg danken wir für die finanzielle Förderung des Projektes Girls´ Digital Camps in dessen Rahmen Teile der Projekte erprobt wurden. Prof. Michael Gertz (Universität Heidelberg) danken wir für die Hilfe bei der Umsetzung des KI-Auftrages und Sven… und … für die Vorstellung der AI-Unplugged Materialien in einem Workshop im Rahmen der Snap!Con19 in Heidelberg.

Literatur

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